31. August - 28. September 2003
"Please make me a girl"
Installation - Objekte - Fotografie
 Heute
sprechen selbst Feministinnen vom Post-Feminismus, andere, wie etwa die
kanadische Künstlerin Nancy Paterson, sehen uns gar in eine technische
Ära des Cyberfeminismus hineingleiten, welcher "Frauen die Chance
bietet, aus vorgegebenen Rollen auszubrechen". Dagegen setzt Mia
Unverzagt mit ihren Installationen auf den ersten Blick auf eine eher
konventionelle feministische Sicht. Man fühlt sich unwillkürlich
an Simone de Beauvoirs berühmtes Diktum erinnert: "Man wird
als Frau nicht geboren, man wird dazu gemacht." Doch Mia Unverzagts
rosa überzuckerter Mädchenkosmos ist keineswegs eine melancholische
Hommage an eine für manche vielleicht verblichene Utopie. Vielleicht
weil sich für sie die berechtigte Frage erhebt, warum der Satz de
Beauvoirs nach fünfzig Jahren seine Aktualität eingebüßt
haben soll.
Ihr ästhetisches Konzept besticht gerade deshalb, weil sie sich
jenseits des "Mainstreams" an festen Überzeugungen abarbeitet.
Es ist zum einen die ironische Verweigerung, die in "Bitte mach ein
Mädchen aus mir" mitschwingt, die eine selbstbewusste junge
Künstlerin zeigt, die sich mit politischen und ästhetischen
Schematisierungen nicht arrangieren will. Es ist zum anderen auch die
abgründige Dialektik zwischen alten und neuen proto-religiösen
Elementen einer Domestikation des Weiblichen, die sie spielerisch versucht
einzufangen.
Ihre Exponate sind heiter und höhnisch, voll entwaffnender Selbstironie
und beißendem Spott, sie erschaffen die paradoxe Atmosphäre
einer durch Kitsch und Puppenstubenseligkeit vermittelten Einsicht. Mit
anderen Worten: Mia Unverzagt bedient sich der besten Ingredienzen einer
kommunikativen und subversiven Kunst, die sich an der Selbstdarstellung
nicht berauscht, die nicht in einem kreativen Solipsismus ihre Erfüllung
findet, sondern die Kunst als Auftrag zur Einmischung begreift, die ästhetische
Aufklärung beim Wort genommen wissen will. Ihre Installationen geben
den Blick frei auf eine behäbig gefräßige Normalität,
die sie zugleich mit ihrer plakativen Überhöhung konterkariert.
Sie zeigt uns, dass es nur ein aus Kitsch und Ritus, Schein und Ideologie
bestehender Schaumteppich ist, der unsere auf Schönheit fixierte
alltagsweltliche Oberflächenästhetik zusammenhält. Und
mit dieser Kritik schlägt sie trotz aller spielerischen Ironie einen
Bogen zu einer gedankenstrengen Philosophin wie Simone de Beauvoir und
deren Credo: "Der Mensch ist frei geboren."
Dr. Hartmut Wagner
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