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Ausstellung 24.11 - 22.12.2006

Elvira Bach

mitspielen

Malerei

Vernissage Freitag, 24.11.2006 ab 19.00 Uhr
Einführung Dr. Viola Hildebrand-Schat, Kunsthistorikerin, Frankfurt

Abbildung: "9.6.2006", 2006, 260 x 360 cm, Kunstharz auf Leinwand

Mitspielen läßt zunächst an Spiel denken, an jene Beschäftigung, die aus der Freude an der Ausführung resultiert und allein dem Vergnügen, der Zerstreuung oder Entspannung dient. Doch wenn die Ausstellung hier in der Galerie K4 unter diesem Motto steht, ist Spiel in einem sehr viel weiteren Sinne gemeint. Vordergründig sind es die die verschiedenen Exponate verbindenden Bildelemente, dann der konzeptionelle Ansatz der Ausstellung, schließlich und vor allem die Rolle der Frau als zentrale Protagonistin im Werk von Elvira Bach, die sie als am großen gesellschaftlichen Geschehen mitbeteiligte, mithin als Mitspielerin in diesem Gesellschaftsspiel sieht. Und all diese Ansätze verbindet ein Aspekt, den Friedrich Schiller im 15. Brief „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ hervorhebt, „denn, um es einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da Mensch, wo er spielt.“ Schiller faßt damit die von der Vernunft diktierte Bedeutung des Schönen zusammen. „Nun spricht aber die Vernunft: das Schöne soll nicht bloßes Leben und nicht bloße Gestalt, sondern lebende Gestalt, das ist, Schönheit seyn; indem sie ja dem Menschen das doppelte Gesetz der absoluten Formalität und der absoluten Realität diktiert.“ Und er fährt fort: „Mithin thut sie [die Vernunft] auch den Ausspruch: der Mensch soll mit der Schönheit nur spielen, und er soll nur mit der Schönheit spielen.“ Doch auch wenn die Kunst über die Schönheit den spielerischen Zugang zu den Dingen erlaubt, ist der Mensch dennoch gehalten sie ernst zu nehmen und ihre über Farbe und Form hinausgehende Bedeutung zu erkennen oder – um noch ein letztes Mal Schiller zu bemühen: nur der spielende Mensch ist befähigt, „das ganze Gebäude der ästhetischen Kunst und der noch schwierigeren Lebenskunst zu tragen.“

Unter dieser Prämisse darf man einen spielerischen Ansatz sowohl der Entstehung der Exponate wie auch ihrer Zusammenführung zu einem Ausstellungskonzept unterstellen. Die Bilder von Elvira Bach - und zwar jedes einzelne - entstehen primär aus der Freude am Schaffen, aus einem Schaffensdrang, der kein anderes Ziel verfolgt, als zu Malen – ein Ziel, das in der Leichtigkeit, mit der sich die Künstlerin ihm verschreibt, etwas von dem in Schillers Briefen zur ästhetischen Erziehung erwähnten Spiel hat, insbesondere dann, wenn man die Bildwelt Elvira Bachs als von lebenden Gestalten bevölkert erlebt.

Auch die Konzeption der Ausstellung erweist sich als Spiel mit Raum und Exponaten, die sich unter den Vorgaben des Galeristen zu einem harmonischen Ganzen fügen.

Doch über das Zusammenspiel von Raum und Werk hinaus ist auch thematisch jedes der hier ausgestellten Gemälde dem weiten Feld des Spielens verhaftet. Hier zeigen sich die Frauen als homo ludens, geben sie sich einem spielerischen Umgang mit den Gegenständen und Beschäftigungen hin, mit denen sie gerade befaßt sind.

Mitspielen – das bezeichnet, die Frau als Spielende und Spielerin, als diejenige, die spielt und sich spielerischen Tätigkeiten hingibt, aber auch diejenige, mit der gespielt wird, die in das große Spiel des Lebens eingebunden ist.

Mitspielen – das heißt aber auch die Bedeutung der Frau in den Darstellungen von Elvira Bach unter einem globalen Blickwinkel sehen. Denn auch wenn vorrangig Frauen die Bildwelt von Elvira Bach bestimmen, bleibt sie keineswegs darauf beschränkt. Vielmehr nimmt hier die Frau einen Platz ein, der sie stellvertretend für viele Rollen und Verhaltensmuster in Frage kommen läßt. Hier werden die vielfältigen Bedeutungen, die mit der Frau als solcher, dem Weiblichen schlechthin verbunden sind, in seinem ganzen Facettenreichtum aufgeblättert und signifikant zur Anschauung gebracht. Es tritt die Frau als homo sociologicus, als gesellschaftliches Wesen auf, aber auch als ein Teil von Geschlechtlichkeit, als Ausdruck von Lebenskraft wie auch Lebenslust. Ihre verschiedenen Qualitäten treten hervor als die Liebreiche, die Erotische, die Grazil-Feminine, die Starke, Selbstbewußte. Die Liste ließe sich weiter ergänzen. Die Darstellungen zeigen die Frau in ihrer Rollenvielfalt heutiger wie auch vergangener Gesellschaften, zeigen sie als Personifikation für Fruchtbarkeit, als Heilsbringerin wie auch eine allgemein die Kräfte der Natur symbolisierende Figur.

Darüber hinaus aber tritt hier die Frau als Vertreterin der einen Hälfte der Gesellschaft in Erscheinung, die an allen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bezügen gleichen Anteil nimmt wie die andere, die männliche Hälfte. Mithin bezieht die Frau Position und ohne sie kann das große Spiel menschlicher Gesellschaft nicht funktionieren.

Elvira Bach bringt diese Aspekte metaphorisch zur Anschauung. So zeigt sie die Frau von Spielbällen umgeben, lässig in einem Sessel zurückgelehnt lesend, rauchend zwischen zwei Katzen und als Dompteuse, als Ballerina auf Schlittschuhen, umspielt von Putti und nicht zuletzt als Spielkartenfigur.

Ein reichhaltiges Programm an Accessoires – zumeist zurückhaltend eingespielt, wie die als Kreuz oder Anker ausgestalteten Ohrgehänge, der zur Sternenform ausgreifende Tanzrock oder der ins Gebüsch versenkte Fernsehapparat - akzentuieren und vertiefen zugleich die Metaphorik. Sie alle führen auf eine kunsthistorische Tradition von ikonographischen Bezügen zurück. An ihnen lassen sich bedeutungs- wie gesellschaftsrelevante Bezüge ablesen. Jedoch ist keines dieser Symbole auf nur einen einzelnen Aspekt eingeschränkt. Die Symbolsprache von Elvira Bach ist ebenso reich wie ihr Frauenbild. Sie dringt in die Bereiche von Religiosität genauso vor wie in die von Populärwissenschaft und Volksglauben.

So wenig festgelegt wie im Einzelnen, also in den Tätigkeiten oder Raumbezügen, sind auch die in Elvira Bachs Bildwelt mitspielenden Frauen als Individuen. Zwar vertreten sie einen bestimmten Typus, doch läßt sich dieser nicht unmittelbar fassen, weil er niemals eindeutig nur auf einen Aspekt fokussiert ist. Beispielhaft hierfür sind die einerseits berufsständigen Bekleidungsstücke, andererseits die im Gegenzug hierzu neutrale Erscheinungsweise, die die Frau weder bekleidet noch nackt wiedergibt.

Elvira Bachs Bildwelt resultiert aus einem leichtfüßigen Umgang mit Gegebenheiten. Von eben dieser Leichtfüßigkeit ist ihre Entwicklung zur Malerin getragen. Sie und ihre Frauen mischen sich zu einem Zeitpunkt in das große Spiel des Lebens, als noch überwiegend männliche Künstler die Kunstszene bestimmen. Zu dieser Zeit sind zwar die Klassen der Kunstakademien voller weiblicher Studenten, aber eine Öffentlichkeit durch Ausstellungsgeschehen oder gar auf dem Kunstmarkt zu erlangen, gelingt nur den wenigsten. Zu denken ist hier an die beginnenden 80er Jahre, als Elvira Bach gegen den männlichen Habitus der Berliner Wilden ihre Frauen auszuspielen begann. Selbstbewußt bezieht sie mit leuchtenden Farben, großen Formaten und betonter Weiblichkeit Stellung zwischen ihren männlichen Protagonisten. Dabei hat sie sich nie sonderlich um das Ausstellungsgeschehen gekümmert, sich nirgends aufgedrängt, sondern einfach gemalt, bis die Leute von selbst zu ihr kamen und sich ihr Traum, nur Malerin zu sein und außerdem davon leben zu können, erfüllte.

Somit erweist sich Elvira Bach als Pionierin innerhalb einer von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Kunst, in der auch der weibliche Künstler zunehmend als maßgeblich erachtet wird.

Konsequent hat sie ihr Interesse, das fast ausschließlich der figurativen Malerei gilt, verfolgt. Entschieden setzte sie sich mit der weiblichen Figur als starker Frau auseinander. Dabei steht immer die Frau als Individuum, losgelöst von jeglichem Gruppengefüge, im Mittelpunkt. Jede einzelne übernimmt eine Rolle, die sie in ihrer Bildwelt wie auf einer Bühne in Szene setzt. So sehr die sie umgebenden Gegenstände mit ihrer Person verschmelzen, bleiben sie doch auch immer ein wenig Requisit, Gegenstand eines Spiels, mit dem sie sich vom wirklichen Leben distanzieren. Dieses Changieren zwischen realer und idealer Frau, Individuum und gespielte Figur trägt dazu bei, daß Elvira Bachs Frauen so schwer greifbar sind. Sie leben in einer eigenen Welt, doch sind sie auch „da ganz Mensch“, wo sie nur – oder Schiller zufolge - gerade weil sie spielen.